Warum ein Elektro-auto

Wenn man erzählt, dass man sich ein Elektroauto reserviert hat oder einfach sagt, man möchte sich eines kaufen, so kommt häufig die Frage «Warum?».

Diese Frage ist berechtigt, wenn man sich überlegt, dass das heutige Auto untrennbar mit dem Verbrennungsmotor verbunden ist und man sich schon fragen muss, warum soll ich das ändern.

Dabei ist dies keineswegs eine «göttliche Ordnung». 1886 baute Carl Benz das erste Automobil mit Verbrennungsmotor. Kurze Zeit später (1888) wurde in Deutschland der erste vierrädrige Elektrowagen gebaut. Man sagte beiden Systemen eine grosse Zukunft voraus.  Um 1900 waren 40% der Autos in den USA dampfbetrieben, 38% elektrisch und nur 22% mit Benzin. Doch schon nach 1910 wurden die Verbrenner durch immer billigeres Öl beliebter. Die Elekrowagen, welche zwar einfacher zu bedienen waren und auch viel ruhiger fuhren, hatten einfach eine zu kleine Reichweite und die Batterien dafür waren unverhältnismässig gross, schwer und teuer.

Die damalige Entscheidung war also nicht wegen dem Antrieb so gekommen, sondern weil Benzin (und später Diesel) viel mehr Energie speichern kann als alle damals bekannten Stromspeicher. Dafür nahm man alle Nachteile des Verbrenners in Kauf.

In den nächsten hundert Jahren versuchte die Automobilindustrie dem Verbrennungsmotor die Qualitäten mitzugeben, welche der Elektromotor schon hatte:

  • Kann ohne Hilfe starten (dafür hat man den Elektro-Anlasser erfunden)
  • Kann vollständig stoppen und aus dem Stand wieder anlaufen (dafür hat man die Kupplung erfunden)
  • Ist leiser (dafür musste der Auspuff mit einem Schalldämpfer versehen werden)
  • Hat die gleiche Kraft über einen weiten Drehzahlbereich (dafür musste man Getriebe mit vielen Stufen entwickeln)
  • Vibriert fast nicht, da die Kraft mittels Drehung und nicht als Hubbewegung erzeugt wird (da nimmt man viele Zylinder oder Ausgleichswellen oder gleich den Wankelmotor)
  • Füllt beim Bremsen den Energiespeicher (geht gar nicht, aber man hat immerhin die Schubabschaltung)
  • Erzeugt keine lokalen Abgase (trotz Katalysator, Partikelfilter, SCR Kat usw. kann ein Verbrennungsmotor nie Abgasfrei sein. Auch nicht, wenn man Bio-Sprit verbrennt; Abgase gibt auch das)

Das, abgesehen vom Stromspeicher, der Elektromotor als Antrieb die bessere Variante ist, sieht man überall dort, wo der Strom nicht gespeichert werden muss. Nicht umsonst fahren Züge fast immer mit Strom, seit die Dampfmaschine ausgedient hat. Sogar viele Dieselloks fahren schlussendlich mit Strom (wenn man von der dieselhydraulischen Variante absieht).

 

Wenn man es also mal neutral betrachtet, ist der Wechsel der Antriebart sicher kein Rückschritt. Aus meiner Sicht ist dies sogar die logische Wahl. 

Stellt sich nur die Frage, wie man den den Strom mitnehmen will. Aber das steht in einem anderen Kapitel...

 

Warum soll man ein funktionierendes System eigentlich hinterfragen? Warum hat das Auto das Pferd abgelöst und warum die Elektrolok die Dampflok?

Im ersten Fall sind die Unterschiede riesig. Es wurde kein besseres Pferd erfunden sondern gleich komplett ersetzt. Ein Pferdewagen und ein Auto gleichen sich nur äusserlich (also wenigstens am Anfang), aber ein Motor ist etwas grundsätzlich anderes als ein Tier. Hier sind die Vorteile (schneller, kein Futter, weniger Platz, auf die Dauer Preiswerter) schnell klar geworden.

Beim Wechsel von Dampflok auf Elektrolok ist es schon nicht mehr so offensichtlich. Der Zug ist der gleiche, nur der Motor wechselt. Dafür muss man Leitungen legen, Kraftwerke bauen und die bekannte Infrastruktur (Wassertürme, Kohledepots) werden überflüssig. 

Trotzdem hat man es gemacht. Weil es für die Ökonomen dahinter offensichtlich war, das es Vorteile bringt. Ein Elektromotor ist viel effizienter als ein Dampfkessel. Ich kann mit der gleichen Menge Energie viel mehr Züge bewegen. Ich muss den Treibstoff nicht herumtragen sondern kann ihn effizient zentral herstellen. Und ich bin nicht auf einen Treibstoff fixiert, ich kann alles möglich zu Strom machen: Kohle, Öl, Wasser, ... 

Das dabei die rauchenden Dampfer verschwanden war sicher nicht das Hauptziel sondern ein schöner Nebeneffekt.

Beim Elektroauto ist die  Ausgangslage ähnlich. In erster Linie ist ein Elektroauto auch nur ein Auto. Wie schon erwähnt kann der Antrieb viel einfacher realisiert werden, da die vielen Zusatztechnologien, die ein moderner Verbrennungsmotor braucht um heute akzeptiert zu sein, wegfallen. 

Aus meiner Sicht ist aber die Unabhängigkeit vom Öl der grösste Vorteil. Das Verbrennen von Öl ist weder umweltfreundlich noch nachhaltig. Strom dagegen ist potentiell nachhaltig. Das Auto fährt mit allen Arten von Strom. Und man kann Strom nachhaltig und umweltschonend herstellen.

Aber auch das ist eine andere Geschichte...